004 — Direktlink
16.10.2011, 14:00 Uhr
koch87
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Der Toense-Bericht hat mich heute schon früh aus dem Bett getrieben, 30km musste ich fahren, um meine HIK-Ausgabe zu bekommen.
Der Bericht ist unterhaltsam und die Bilder sind sehr interessant. Allerdings gibt es neben zahlreichen (meinem Eindruck nach) Übertreibungen zu den Erlebnissen in der DDR auch einige grobe Widersprüche:
Die Toense FAUN L1212/375 VS hatte nach Werksunterlagen folgende technische Ausstattung: Deutz F12L413 mit 340 PS, Zweischeiben-Trockenkupplung G2/380, 6-Gang-Schaltgetriebe AK6-75-3, Bereifung 12.00-24, Achsübersetzung 10,24 mit D12-Achsen.
Diese Zugmaschine war bei den gezeigten Einsätzen neuwertig, sie hatte keinen Wandler!
Die detailierte Beschreibung von Problemen mit dem Wandler haben mich sehr verwundert. Die Zugmaschine hatte weder Öltank noch Zusatzkühler. Alle verbauten Komponenten waren Standard bei Faun.
Die Zugmaschine habe ich 2005 in Ägypten gefunden, dort habe ich mir das Fahrzeug auch intensiv angesehen.
Der Antriebsstrang inklusive aller Achs- und Getriebeuntersetzungen, Reifengröße usw. war übrigens identisch zu der L1212/45ZA von Schütz, die angeblich viel kürzer untersetzt war, das beschriebene Problem mit der zu schnellen Übersetzung der Toense-Faun ist für mich daher nicht nachvollziehbar.
Ich habe aber auch einen zeitlichen Widerspruch erkannt:
Die Tragarme hatte sich Toense angeblich bei der Bundesbahn ausgeliehen. Die Bilder beim Einsatz mit der Schütz-Zugmaschine zeigen eine passende DB-Lackierung. Bei den Einsätzen mit der L1212/375VS, angeblich aber der erste Einsatz in der DDR, tragen die verwendeten anderen Tragarme bereits eine Toense-Lackierung, auf dem Bild Seite 25 gut zu erkennen, selbst Leitungen wurden in Gelb lackiert. Mit ziemlicher Sicherheit waren das keine Leihgaben der Bundesbahn.
Ich vermute daher, dass der erste Einsatz mit dem improvisierten Gespann von Schütz-Faun, Zitko-Kaelble und DB-Tragarmen erfolgte und erst ein späterer Transport mit der vierachsigen neuen Toense-Faun und umlackierten Toense-Tragarmen.
Weitere Schilderungen im Text klingen für mich unglaubhaft.
Wenn mit diesem technischen und finanziellen Aufwand ein Transport ein DDR-Kraftwerk erreicht, wird kein Schlossermeister die Unterstützung mit einem Brennschneider verweigern, zumal ein Schlossermeister das in solch einer Situation ganz sicher nicht zu entscheiden hatte. Auch das Umpumpen von Diesel aus Stadtbussen klingt mir wenig realistisch, der Diesel kam wohl ehr von einem Kraftverkehrsbetrieb, der üblicherweise auch seine Busse mit Diesel zu versorgen hatte.
Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass man solche Schilderungen von älteren Menschen mit Vorsicht genießen muß. Mir wurden schon die unglaublichsten Geschichten selbst von jüngeren Menschen erzählt. Wenn ich dann sofort auf Widerspüche hinwies, wurde die Geschichte mit einem Lächeln entschärft oder plötzlich ganz anders formuliert. Nach über 40 Jahren spielt die Erinnerung verrückt, das ist nun mal so!
Der Bericht ist aber auf jeden Fall empfehlenswert.
Grüße Ralf |