005 — Direktlink
16.11.2004, 12:06 Uhr
Wolfgang73
|
Schwertransport: "Einen Zentimeter noch - jetzt passt's" Noch ein weiterer Bericht über diese Hub aus der Online-Ausgabe der Tageszeitung "Die Presse".
VON HEINZ MÜLLER (Die Presse) 16.11.2004 Millimeterarbeit mit tonnenschwerer Last: Der größte Schwertransport aller Zeiten ist auf dem Weg von Wien nach Schwechat. WIEN. Klaus Ruhland kann nur wenig erschüttern: Seit Jahrzehnten berechnet der Bayer, wie man schwerste Lasten von A nach B heben kann, 428 Tonnen sind es an diesem Montag. Nur der Wind, der durch den Alberner Hafen pfeift, stört Ruhland: "Stärker sollt's nicht werden, sonst bekommen wir Probleme." Petrus hat ein Einsehen und schickt sogar Sonnenstrahlen.
Vier Wochen lang hatte Ruhland geplant, stundenlang dauerte das Anbringen der Stahlseile: Um exakt 12.15 Uhr hebt der Gasphasenreaktor zur Kunststofferzeugung aus dem Schiffsbauch ab.
400 Tonnen wiegt das gute Stück, 28 weitere die beiden Sättel, auf denen er aufliegt. 52 Lkw-Ladungen waren notwendig, um den Raupenkran, der die schwere Arbeit verrichtet, heranzukarren. 665 Tonnen Ballast braucht man, um die notwendige Stabilität herzustellen. Ernst Haselhofer heißt jener Mann, der die Last bewegt: Entspannt sitzt er im Führerhaus und wartet auf Befehle.
Nur zehn derartige Kräne gibt es in Europa; jedes der beiden Raupenfahrwerke, auf denen er sich bewegt, wiegt 59 Tonnen. Abgestützt wird die ganze Last auf Bongossi-Holz aus Afrika, heimische Arten wären viel zu weich: Das so genannte "Eisenholz" ist so hart und schwer, dass es im Wasser untergeht. Auf einer Fläche von knapp 19 m2 müssen an diesem Tag 1280 Tonnen bewegt werden.
Millimeterweise hebt sich der Gasphasenreaktor, der einen Durchmesser von zehn Metern hat, in die Höhe. Erst dann kann der Kran nach links schwenken, gleichzeitig fährt er langsam neun Meter rückwärts. Elf Millionen Euro kostet so ein Kran.
Eine knappe Stunde nach dem Abheben senkt sich die Last wieder: Mit Seilen bugsieren mehrere Männer die letzten Zentimeter auf die Drehschemel des Lastwagens. "Noch drei Zentimeter", kommt der Befehl von der linken Seite. - "Wart, des schiab ma hin", tönt es von rechts." - "Einen Zentimeter noch - jetzt passt's." Die Erleichterung ist den Männern ins Gesicht geschrieben; eine Viertelstunde später ist der Gasphasenreaktor auch auf dem vorderen Drehschemel aufgesetzt und verankert.
Jeweils zwölf Achsen, jeweils zwölf Räder: Auch hier beeindruckende Zahlen. Gezogen wird die Last von einem ÖAF-Lkw, der auf 792 PS hochgerüstet wurde und acht einzeln angetriebene Räder hat: Das Getriebe eines Panzers war notwendig, um die Kraft auch auf die Räder zu übertragen. Dann kommt noch ein weiterer Lkw mit 550 PS, der das Ganze schiebt.
Gestern wurde die Strecke bis zur Ostautobahn zurückgelegt. Der Kran wird in den nächsten Tagen ab- und an der A 4 wieder aufgebaut. Am Sonntag ab 0.30 Uhr wird die Autobahn gesperrt, der Reaktor über eine Schallschutzwand gehoben und zur Firma Borealis (Schwechat) gebracht, wo er am 25. November aufgestellt wird. |