046 — Direktlink
06.12.2011, 12:37 Uhr
Gast:Kraenchen
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Oh je, lange lange ist es her mit dem Geschehen in Kiel-Holtenau. Mir ist eine Aussage bekannt, das angeblich ein Röhrenbruch innerhalb des Auslegerfußstücks zum umfallen geführt hat. In den Eckstielen des Auslegerfußstücks soll sich, von Außen nicht sichtbar, jeweils noch eine Röhre befinden, wovon eine gebrochen sein soll und der Mast demzufolge sich senkte und die gesamte Konstruktion instabil wurde, zeitgleich war natürlich die Hydraulik sofort völlig überlastet, weil sie schlagartig von Zugbeanspruchung auf Druckbeanspruchung überbelastet wurde und irgendwo hat sich dann das Öl einen Weg aus dem System gesucht.
Diese hier gezeigten Bilder habe ich auch noch nie gesehen und mir kommen wieder Zweifel, ob das mit dem Röhrenbruch stimmt. Ich tippe nun mal eher auf reines Hydraulikversagen, denn ich kann am Hauptauslegerfußstück keine ungewöhnliche Deformation feststellen, da hätte ja zumindest irgendwas an Röhren einknicken müssen.
Was die Konstruktion angeht zitiere ich mal kurz aus dem Buch GOTTWALD Band 1 von Wolfgang Weinbach;
...Das Herzstück bildetete das Oberwagen-Mittelteil, mit der Rollendrehverbindung, die jedoch gleichsam als Drehdurchführung für die diversen Hydraulikspeisungen der Hubwerkshydraulikmotoren diente. Bei diesem Kran sitzt der 12 Zylinder Mercedes-Benz Motor am Heck vom Unterwagen und ist gleichzeitig für den Kranbetrieb zuständig, ein reinrassiger Einmotorenkran. Der Kran verfügte über KEINEN langgestreckten Oberwagen, an das kurze Mittelteil war der Windenrahmen gelenkig in Fachwerkkonstruktion angebaut. Der Windenrahmen war dabei bereits Bestandteil des sogenannten "Oberwagen-Schwenkteils". Das Schwenkteil enthielt die beiden Hubwerkswinden und die Einziehwinde. Der Rollensatz wurde separat aufgebolzt. Das OW-Schwenkteil wurde für Kranarbeiten mittels zweier Aufrichtezylinder in Position ( Arbeitsstellung ) gebracht. Die Hydraulikzylinder wurden anschließend überwiegend auf Zugbeanspruchung belastet, somit konnte das patentierte Schwenkteil gleichzeitig die Funktion des hier wegfallenden Aufrichtbockes und des Superliftmastes übernehmen. An das Rollenkopfende wurde die Ballastgrundplatte hängend angebracht und konnte mittels der Hydraulikzylinder und des OW-Schwenkteils selbstständig angehoben werden. Auf den jeweiligen Lastfall abgestimmt, wurden auf die Ballastgrundplatte zwischen 140 und 250 tonnen Ballast aufgelegt. Die Traverse hing dabei während der Schwenkbewegung des Kranteils gerade freischwebend über dem Kranunterwagen... ...1990 wurde vom Hersteller der Ballast auf 300 tonnen, beziehungsweise 500 tonnen in Superliftausführung erhöht... ...Tragfähigkeit ab da an laut Hersteller 750/1000 tonnen. Eine erhebliche Lastmomentsteigerung wurde durch verlängern des OW-Schwenkteils von der Grundlänge 12 Meter durch einbau eines fünf Meter/10,5 Meter Zwischenstücks auf eine Gesamtlänge von 17 Meter, 22,5 Meter und 27,5 Meter erreicht. Beispiel: 43 Meter Hauptausleger, 27,5 Meter Schwenkteil, 350 tonnen Traglast auf 24 Meter Ausladung mit 450 tonnen Ballast...
Das ist die Beschreibung zum OW-Schwenkteil und dessen Funktionsweise aus dem Buch, vieleicht hilft es dem ein oder anderen hier zur Verdeutlichung der Arbeitsweise dieses aussergewöhnlichen Krans. Zur genauen Ursache des Unglücks in Kiel Holtenau steht auch hier keine schlüssige Erklärung, es wird nur geschriben, der Quicklifter kam plötzlich ins wanken.
Welche technische Störung wirklich zum versagen des Krans führte wird wohl anscheinend nur die Firma Franz Bracht wissen und über sowas wird ja bekanntlich gerne das "Tuch des schweigens" ausgebreitet.
Im Gottwald Buch von Wolfgang Weinbach stehen auch viele schöne Bilder vom AK 630/TC 3600.
Die beiden Buchbände sind sehr zu empfehlen und jeden Cent wert. |