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20.12.2022, 17:27 Uhr
thomsen
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Vielen Dank für die Rückmeldungen - hier im Forum und per Mail. Als Fortsetzung hier ein wenig Gitterwerk : Der Kran mit Teilen der festen Spitze und dem Gegen- bzw. Derrickausleger - bei KKW bekanntlich auch als „Superlift“ bezeichnet. Ich hatte beim Bau des Superlift- Auslegers überlegt, was für eine Last der Kran dann wohl einmal bewegen könnte - irgend eine Stahlbaukonstruktion ? Eine kleine Brücke ? Oder eine kleine Kolonne ? Da kam die Hubaktion vom Sarens LR 11000 auf dem Gelände der Kokerei in Duisburg- Schwelgern genau richtig :
Der Krupp 500 GMT mit Superlift beim Hub eines Segments von einem Koks- Löschturm - im Hintergrund sind Teile einer Kokerei dargestellt.
Exkurs - Klugscheißen mit Thomsen : Der Kran steht auf der sog. „schwarzen Seite“ der Kokerei - die Seite, zu der der glühende Koks aus den Öfen gedrückt wird und in den Kübel des Löschwagens fällt. Dieser beginnt nach dem abgeschlossenen Drückvorgang mit dem nun am Luftsauerstoff entzündeten und brennenden Koks sofort seine Fahrt über die Schienen der Löschwagenbahn bis unter den Löschturm, wo der Koks mit Wasser gelöscht wird. (Nasslöschung - es gibt / gab auch eine Koks- Trockenlöschung, bei der der glühende Koks ohne die weithin sichtbare Entstehung der weißen Wasserdampfwolken heruntergekühlt wird, und dabei Dampf für das Hüttennetz gewonnen werden kann) Die Nasslöschung ist im Vergleich preisgünstiger - sie funktioniert auf recht simple Art und Weise, ohne dass dafür umfangreicher Anlagenbau errichtet und betrieben werden muss. Zudem streiten sich die Fachleute, bei welchem Löschverfahren die technologischen Eigenschaften des Koks für den anschließenden Einsatz im Hochofen besser erreicht werden können.
Mittel- bis langfristig ist dies sowieso Geschichte - der Weg raus aus dem CO2 zwingt auch die Industrie, nach alternativen Verfahren und Technologien zu suchen. Im Bereich der Stahlproduktion wird es definitiv die Direktreduktion werden, bei der die eingesetzten Erze mit großen Mengen Strom und Wasserstoff chemisch reduziert werden und danach in den bereits bestehenden Anlagen der Flüssigphase weiter verarbeitet werden können.
Ganz rechts im Bild ist der Kohlenturm zu erkennen - oben in der Ecke noch das Zuführband. Im Kohlenturm werden in mehreren Bunkern die in der vorgeschalteten Misch- und Mahlanlage aufbereiteten Kohlesorten zwischengebunkert, um im Bereich der unteren Durchfahrt verwogen und in den Füllwagen abgezogen zu werden. Der Füllwagen bewegt sich auf der Füllwagenbahn auf der Decke der Koksofenbatterien. (Mehrere einzelne, jeweils indirekt beheizte Koksöfen werden nebeneinander zu sog. „Batterien“ oder „Koksofenbatterien“ zusammengefasst.)
Beim mittlerweile automatisierten Füllprozess werden die Deckel der Füllöffnungen in der Ofendecke gezogen, der Ofen mit (feuchter) Kohle befüllt und die Deckel anschließend wieder geschlossen und gasdicht versiegelt. Auf der „weißen Seite“ der Kokerei - also der Seite, auf der das Koksgas abgezogen, verarbeitet wird und die daraus gewonnenen Produkte (u.a. Rohteer, Rohbenzol) zwischengelagert werden, werden die Schüttkegel der Füllmaschine mit der Planierstange der Druckmaschine eingeebnet, damit sich oberhalb der Kohlefüllung ein gleichmäßiger Gas- Sammelraum in der Ofenkammer bildet.
Am rechten Bildrand ist in roter Farbgebung die „Koks- Überleitmaschine“ zu erkennen. Diese bewegt sich auf einer eigenen Schienenbahn zeitgleich mit dem Löschwagen jeweils zu dem Ofen, der nach der erforderlichen Garungszeit gedrückt werden kann. Der Überleitwagen öffnet die Ofentür (auf der anderen Seite der Batterie macht dies die Druckmaschine) und leitet den glühenden Kokskuchen, der von der Druckmaschine aus der Ofenkammer herausgedrückt wird, in den Kübel des Löschwagens. Ferner können von ihr die entstehenden Gase und Stäube abgesaugt werden.
Zum Begriff Garungszeit : In der Anfangsphase der industriellen Stahlpoduktion - etwa zu Zeiten des Puddeleisens - wusste man wenig über die in der Eisenmasse vorgehenden chemischen Prozesse und Zusammenhänge. Hier hatte man sich wider besseren Wissens vielfach Begriffe aus dem Backhandwerk entliehen und auf die Prozesse der Metallverarbeitung übertragen. Manche haben sich bis heute gehalten.
Links anschließend der Stahlbeton- Schaft des Abgaskamins, in welchem die Abgase der Koksöfen durch unterirdische Abgaskanäle (ein sog. „Fuchs“) geleitet werden. In blau- grauer Farbgebung sind die Ofentüren der Koksofen- Batterie zu erkennen, ganz links ansatzweise ein Gasometer für die Zwischenspeicherung des gewonnenen Koksgases, welches anschließend als hochkalorisches Gas mit anderen, auf der Hütte gewonnenen oder hinzugekauftem Erdgas verschnitten wird, und als Mischgas auf der Hütte für die Beheizung verschiedenster Öfen eingesetzt wird.
Im Prinzip wurde der Kran in diesem Rüstzustand auch auch der Hannover- Messe präsentiert - nur war seinerzeit die feste Gittermastspitze etwas länger.
Mit dem Hubseil der Winde auf dem Ballastpaket ist auch ein Zweihaken- Betrieb möglich.
01 von 07 -- Wir bauen auf und reissen nieder, so haben wir Arbeit - immer wieder ! Dieser Post wurde am 20.12.2022 um 21:58 Uhr von thomsen editiert. |