2659 — Direktlink
11.10.2013, 18:34 Uhr
Sebastian Suchanek
Admin
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Zitat: | michael.m. postete In den Nachrichten sprach man davon, das der Fahrer das Fahrzeug noch verlassen konnte. Nach eurer Aussage hätte Ihn ja auch bei 1,10 m "Lichtbogensprungkraft" der Schlag ereilen können. Ist schon heftig. Demnach hat der Fahrer ja noch ein Riesen Glück gehabt, das er da noch heraus springen konnte. Möchte nicht wissen, wie dem zu Mute war.... und ist. |
Wenn der Kranfahrer, solange die Spannung noch eingeschaltet ist, den Kran verlassen würde, würde er den Faradayschen Käfig (vgl. Posting #2664) verlassen und wäre damit in höchster Gefahr - Oliver hat das schon vollkommen richtig beschrieben.
Für den Kranfahrer ist das natürlich eine sch*** Situation: Von unten kokelt's und von oben spratzelt's. Wenn die Leitung nicht schnell genug freigeschaltet wird, kann er sich seine Todesart aussuchen. 
Zitat: | michael.m. postete Eine Frage habe ich noch: Sind die Stromleitungen nicht auch gegen Kurzschluß abgesichert? Müßte ja ein "Riesenschutzschalter" sein....
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Ja und nein. Grundsätzlich sind natürlich auch Hochspannungsleitungen gegen Kurzschlüsse abgesichert. Der "Riesenschutzschalter" ist in Mittel- und Hochspannungsleitungen übrigens ein Leistungsschalter. Allerdings gibt es in der Hochspannung ein paar Besonderheiten: Beispielsweise haben viele Fehler bei Hochspannungs-Freileitungen die Eigenschaft, dass sich die Fehlerstelle mit dem ersten Lichtbogen "freibrennt". (Baum auf Leitung, Vogel ungeschickt auf Leitung usw.) Daher gibt es die Automatische Wiedereinschaltung (AWE, früher "Kurzunterbrechung", "KU"), bei der nach Abschalten nach einer kurzen Zeit die Leitung wieder eingeschaltet wird. Erst wenn dabei der Fehler immer noch besteht, wird dauerhaft abgeschaltet. Eine weitere Besonderheit gibt's beim hier "beteiligten" 110-kV-Netz. Das wird in Deutschland in der Regel mit Erdschlusskompensation betrieben. D.h., die Petersen-Spule sorgt dafür, dass der Fehlerlichtbogen von alleine erlischt und es deswegen gar keiner AWE bedarf. (Und somit die Leitung bzw. Stromversorgung auch nicht kurzzeitig ausfällt.) Entsprechend "großzügig" sind dann sehr wahrscheinlich die Schutzgeräte, die Kurzschlüsse auf der Leitung erkennen, eingestellt. Gut möglich, dass der Kran sozusagen ein unglückliches Mittelding war: Zu weitgehende Überbrückung vom Leiterseil zur Erde, um noch eine funktioniernde Erdschlusslöschung zu haben und zu hochohmig für die Schutzgeräte, um einen "satten" Kurzschluss zu erkennen (und abzuschalten). Für wirklich belastbare Aussagen müsste man aber einen Blick auf die Protokolle der zuständigen Netzleitwarte werfen.
Zitat: | LTR13000 postete Zusätzlich ist entscheidend, ob Einseil-, oder Mehrseilsysteme verwendet werden. |
Nein, entscheidend ist in so einem Fall die Sternpunktbehandlung. Bei einem starr- oder niederohmig geerdeten System (wie häufig bei 220kV und 400kV), wäre in einem solchen Fall - nach Ablauf einer AWE - sofort abgeschaltet worden.
Tschüs,
Sebastian -- Baumaschinen-Modelle.net - Schwerlast-Rhein-Main.de Dieser Post wurde am 11.10.2013 um 18:36 Uhr von Sebastian Suchanek editiert. |