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01.03.2010, 21:05 Uhr
robertd
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Zitat: | Steve12777 postete Und was für einen Golf hast Du Dir denn gekauft, dass Du 28.250 Euro dafür zahlst? Wer einen Golf für 28T€ kauft, hat keinen "gerade mal nen Golf mit guter Ausstattung" mehr. |
Ich hab keinen Golf, ich habe einen Focus, und der hat keine 20.000 gekostet - iast aber auch inzwischen schon 5 Jahre alt. Einen Focus würde ich heute mit der selben Ausstattung nicht mehr um diese Summe bekommen. Aber um beim Beispiel Golf zu bleiben (das ja eigentlich nur als Illustration für den uralten Mechanismus "Inflation" dienen sollte, aber egal): Golf Highline, 1,4l TSI, 160 PS, 6-Gang: 23.700 EUR Außenlackierung Blau-Metallic 490 EUR, Multifunktions-Lenkrad 260 EUR, Spiegelpaket 335 EUR, Xenon-Scheinwerfer mit Nebelscheinwerfer 1295 EUR, Radio RCD 310 165 EUR, 4 Türen mit el. FH hinten 965 EUR, Parklenkassistent 105 EUR, Lederausstattung "Vienna" mit Sportsitzen 1880 EUR, Tempomat 200 EUR. Mach in Summe 29.935 EUR - natürlich Listenpreis, genau so wie beim o.e. Mercedes 600 anno 1964. Nach oben ist da übrigens noch reichlich Luft - ein Golf R 4motion liegt schon im Basispreis über 35.000, und da kannste noch locker 10.000 für Extras reinstecken wenn Du willst. Mir wäre ein Auto nicht soviel wert, ich würde weniger ausgeben - aber dass das heutzutage keine wahnsinnig überdurchschnittliche Luxuskarosse ist kann man sich ja jederzeit auf der BAB ansehen. Es geht aber dabei auch gar nicht darum, ob das nun ein besonders toller oder eher durchschnittlicher Golf ist, sondern schlicht und einfach darum, dass Du in 30 Jahren für diese 28.000 EUR vielleicht noch ein Auto vom Schlage eines Dacia Logan bekommst - und zwar völlig unabhängig davon, ob es dann den EUR noch gibt, oder ob wir dann wieder in DM, ATS und Lire rechnen.
Zitat: | Steve12777 posteteda ich mich erinnere, dass der LTM1400 schon um die 180DM gekostet hat, als er rauskam. Hab keinen Katalog zur Hand, wenn einer einen hat und mal nachschauen möchte...? |
Wenn dem so ist, und das bei kranmodellbau.net angegebene Veröffentlichunsdatum mit 1993 stimmt, dann kommen damit im Jahre 2010 bei 2% jährlicher Inflation auch schon lockere 252 DM raus...
Zitat: | Champagnierle postete Den wirste nicht finden. Die Gehälter wurden mit der Einführung des Euro durch den Faktor 1,95583 dividiert. Ein Brot kostet heute trotzdem wieder 2,80. |
Willst Du damit sagen, dass Dein Gehalt am 1.1.2002 durch 1,95583 dividiert wurde und es seitdem um keinen einzigen Cent nach oben gegangen ist? Das hätte ich gerne schwarz auf weiss Und wären die Brotpreise tatsächlich nicht in dem Maß gestiegen, wenn wir den EUR nicht hätten? Oder gab es da vielleicht doch auch andere Einflüsse als die Währung?
Und noch ein Vergleich, der in einem anderen Forum zu diesem Thema mal kam nur um zu illustrieren, dass es Inflation auch vor 2002 schon gab: Das Buch "Shining" kostete 2009 8,95 EUR, das entspricht 17,5 DM. Ich besitze eine Auflage des Buches von 1995 (32. Auflage), diese kostete 12,95 DM ein anderer User hatte eine noch ältere Ausgabe, die angeblich 6,80 DM gekostet hatte. Das Jahr dieser Ausgabe ist mir nicht bekannt, allerdings kam die US-Ausgabe von Shining 1977 raus, sagen wir also mal die deutsche wäre von 1980. 1983 wurde die Mehrwertsteuer von 6,5 auf 7% erhöht, dementsprechend wird der Preis für den Vergleich von 6,80 auf 6,83 angepasst. Rechnet man sich das Ganze nun aus, dann kommt man darauf, dass sich der Preis für dieses Buch von 1980 bis 1995 pro Jahr fast verdoppelt hat, die jährliche Erhöhung lag bei 4,33%. Von 1995 bis 2009 ergab sich eine Preiserhöhung von 2,2% pro Jahr.
Natürlich ist das auch wieder nur ein herausgepicktes Beispiel, bei dem der Preiszuwachs zu DM-Zeiten sehr hoch war, und ich habe auch keinen Beleg für den Preis von 6,80 DM. Aber genau das will ich ja eigentlich sagen: Hier einzelne Beispiele für unverschämte Preiserhöhungen oder doch nicht so unverschämte Inflation zu bringen ist im Endeffekt ein "um den heissen Brei herumreden". Unsere Probleme liegen nicht darin begründet, dass irgendwelche Dinge, die vor 10 Jahren 2 DM gekostet haben, heute 2 EUR kosten. Dieser Mechanismus nennt sich Inflation, und ist bis zu einem gewissen Grad notwendig für eine gesunde Wirtschaft. Wer sich mal ernsthaft damit beschäftigen möchte, was ständig sinkende Preise bewirken würden, der fange z.B. mal mit dem Wikipedia-Artikel zum Thema Deflation an. Und nochmal: dass wir im Moment in einer Wirtschaftskrise stecken hat wahrscheinlich nichts damit zu tun, dass es den EUR gibt. Der Ausgang der Krise war ja in den USA, und da wird in Dollars gerechnet. Und spekuliert haben unsere Banken auch schon bevor es den EUR gab (z.B. wurden beim österreichischen BAWAG-Skandal noch zig Milliarden Schilling in der Karibik versenkt). Ich sehe unsere Probleme beispielsweise in der Politik - und zwar in der Form, dass wir Berufspolitiker an der Macht haben, die sich, um überhaupt erst mal dahin zu kommen, schön langsam und beständig in verkrusteten Parteistrukturen bewähren müssen, und dabei immer mehr den Bezug zur Realität verlieren. Und spätestens dann, wenn sie oben angekommen sind, wird erstmal auf sich selbst und die Parteifreunde geschaut. Ein schönes Beispiel ist dabei (aus meiner rein subjektiven Wahrnehmung) immer wieder Joschka Fischer, der in den 90ern noch ein dynamischer und irgendwie sympathischer "anderer" Politiker war, um aber dann, als er in der Regierung sass, letzten Endes allein schon rein optisch gesehen genau der gleiche wie alle anderen wurde. Oder ein anderes Beispiel ist die in Österreich schon seit langem diskutierte Verwaltungsreform, welche für effizientere - und somit günstigere - Behörden sorgen soll. Aber dieses Thema flammt letzten Endes bei jedem Wahlkampf wieder von vorne auf, und hinterher wird dann doch wieder weitergewurschtelt wie vorher. Und wenn mal eine andere Partei an die Spitze kommt, dann werden hauruck-mäßig irgendwelche im Wahlkampf versprochenen Maßnahmen gesetzt, über deren Sinn man zweifeln kann (Beispiel wieder aus Österreich: Schwarz/Blau bestellte 18 Eurofighter; als dann wieder Rot/schwarz an die Macht kam wurde auf rotes Bestreben die Bestellung auf 15 Stück abgeändert; dass die ganze Aktion unterm Strich nun billiger kommt mag ich nicht so recht glauben...) Also - zu disktutieren gäbe es viel. Meinetwegen kann man auch darüber diskutieren, wieviel ein Brötchen vor 20 Jahren gekostet hat. Aber des Pudels Kern trifft man damit meiner bescheidenen Meinung nach nicht
Schönen Abend noch,
gruss robert |