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31.01.2009, 20:42 Uhr
Hexchen
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Die Linde
Im Jahre 12 nach unserer Wende, da war auf dem Wäscheplatz die Linde am Ende. Kein Blatt im Geäst, furztrocken und krumm, also dacht ich, am Sonntag, da haust du sie um. Das machste ganz locker auf kurzem Wege mit der Black und Decker, einer sehr guten Säge.
Ich denk noch, ruck zuck, dann ist se vergessen, da sagt doch mein Nachbar – ein Beamter aus Hessen: „Für das, was de da vor hast, ich sags dir nur, gelle, da musste laut Vorschrift een Antrag erst stelle. Der wird geprüft mit Gebühr, also Geld und wenn de keens hast, wird der Baum nicht gefällt.
Na gut, dacht ich, für den bisschen Krempel gehste am Montag und holst die den Stempel. Ich bin zu dem Amt und da stand an der Türe: Anträge montags von dreie bis viere, Ausgabe mittwochs von achte bis neune Aber nur für das Fällen der Nadelbäume.
Ich hab dann am Dienstag, was soll ich euch sagen, dem Beamten dort mein Problem vorgetragen. Bat ihn um Erlaubnis, von Amtes wegen Die tote Linde umzusägen. Da sagt der zu mir: „Was sie sich da dachten, zum Antrag gehört auch ein Wertgutachten, natürlich beglaubigt von einer Kanzlei und wenn sie das wollen, helf ich ihnen dabei. Ich kenn drei Notare, alle in Wurzen: Raffke, Klau und Dr. Schnurzen. Macht 500,- Euro, ist nicht mal teuer aber cash auf die Hand, vorbei an der Steuer.
Und so kam der Oktober, es pfiffen die Winde und noch immer stand se, die trockene Linde. Mensch war ich sauer, wollte rumtoben, aber dann hab ich rechtlich Einspruch erhoben.
Ich nahm mir nen Anwalt, der ging mir zur Hand, er war der Jurist und ich sein Mandant. Dann ham wir tatsächlich den Rechtsstaat verklagt. Das hätte vor Jahren hier keiner gewagt. Da hat auch niemand nen Antrag gestellt, da nahm man die Axt – dann wurde gefällt. Ganz ohne Erlaubnis, bei Wind und Wetter, früh warn es noch Bäume, abends schon Bretter.
Der Winter war da, die Zeit ging ins Land, da krieg ich Post vom Vermögensamt. Ein ‚Freiherr von und zu aus Peine’ Behauptet darin, die Linde sei seine, weil die Vorfahren von ihm mit Pfeil und Bogen an ihr vor bei gen Osten gezogen, um dann beim Rückzug aus fernen Winkeln, einmal an den Baum zu pinkeln. Und daraus ihm ein Recht erwächst. Gemäß § 1 mit folgendem Text: „Wo einst die Ahnen standen, mit Schwert und in Loden, hat der Deutsche einen Anspruch auf Grund und Boden !“
Genau nach einem Jahr fast wars dann so weit Ich bekam zum Fällen den Vorbescheid. Erst mal vor ab, so gab man mir kund, wegen anstehender Prüfung vom Naturschutzbund. Die ham da geprüft und stellten fest: Im Geäst meiner Linde baut ne Schnepfe ihr Nest. Aber nicht irgend eine, es war die grün-rote, das war natürlich die vom Aussterben bedrohte.
Mit acht Wochen Brutzeit, so stand in dem Schreiben, deshalb müsse der Baum noch stehen bleiben. Und wenn dann im Herbst die Vögel ziehen gen Süden komm’ se her mit dem Antrag, der wird dann entschieden.
Ich bin dann ganz langsam nach Hause gekrochen. Für mich war die ganze Welt zusammen gebrochen. Verwaltung ist alles – die kostet Millionen – wo sind sie denn hin, des Kanzlers Visionen? Blühende Landschaften im Osten, von wegen, wenn du schon zwei Jahre brauchst, nen toten Baum umzusägen.
Nun wurde es selbst meiner Linde zu dumm, obwohl se nicht durfte, se fiel einfach um. Nun, so lange nach der Wende waren drei Jahre Drama um die Linde zu Ende. So dacht ich bis gestern, doch es trügte der Schein, da holte mich wieder der Amtsschimmel ein.
Denn gestern bekam ich per Post – und nun gebt acht, meinen Antrag zum Fällen der Linde gebracht. Man stimme dem zu, im Großen und Ganzen mit der Auflage, vier neue zu pflanzen. Nach Baumschutzsatzung § 3, wonach wie folgt zu verfahren sei: Willst Bürger du einen Baum eingraben, musst du erst mal einen Schachtschein haben. Von wegen einen – viere, ich krieg noch ne Meise Einen für Gas, Wasser, Strom und Scheiße.
Ihr könnt sagen, was ihr wollt, ich begreife das nie! Aber so ist das nun mal mit der
„Bürokratie“ -- Internette Grüße aus dem schönen Siegerland,
die Uli
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